Hallo Rceff'ler,
ich habe in einem anderen Forum Folgenden Text gefunden,welchn ich euch nicht vorenthalten will.
ZitatAlles anzeigenDas Gerücht (von Frank Wittmann, 1980)
In der Perpendikelstraße. Mit plötzlichem Ruck hält vor der Nummer vierundzwanzig der Unfallwagen des Roten Kreuzes. Das Schild über der Haustüre verrät, dass darin der Schustermeister Anton Leder wohnt. Zwei Sanitäter holen aus dem Auto eine Tragbahre und gehen ins Haus.
Einige Fußgänger bleiben stehen; in der Nachbarschaft öffnen sich nun auch die letzten Fenster.
"Was ist geschehen?" raunt einer angsterfüllt dem anderen zu.
"Vielleicht ein Unfall, wird sich jemand verletzt haben!" ist die Antwort.
Aus dem Nachbarhaus kommt jemand hinzu: "Der Leder ist öfter betrunken. Wahrscheinlich hat er wieder seine Frau verprügelt, der Grobian. Kommt häufig vor" flüstert er geheimnisvoll in die Gruppe.
Noch weitere Fußgänger kommen heran, bleiben stehen, fragen: "Was los?"
"Mhm, der alte Leder hat seine Frau geschlagen", wird ihnen geantwortet.
"Ist es schlimm?"
"Wenn das Krankenauto kommt, muß es genügen!"
"Hoffentlich kommt sie mit dem Leben davon, die Arme!"
Diesen letzten Satz hört ein neu Hinzugekommener. Nach ihm trottet eine dicke, ältere Frau herbei, mit einer Markttasche am Arm.
"Was ist passiert?" fragt sie.
"Der Leder hat im Suff seine Frau niedergeprügelt. Man glaubt kaum, dass sie es übersteht."
"Ogottogottogott!"
Die Krankenträger kommen nicht. Die Menge wird größer und unruhiger.
"Es kann sein, die arme Frau Leder ist schon tot", läßt einer aus dem Pulk von sich hören, "sonst hätte man sie schon längst gebracht und so rasch wie möglich ins Krankenhaus befördert."
"Das wäre ja furchtbar: Schustermeister Leder ein Mörder!"
"Ja, warum ist denn eigentlich die Polizei noch nicht da?" fragt ein Herr mittleren Alters, mit einem Regenmantel angetan, und sein Schnauzbart wippt erregt.
Jetzt kommen auch die Leute aus dem Nachbarhaus. Vom Fenster aus ist ja nichts zu erfahren.
"Was ist geschehen?" wird gefragt.
"Der Schustermeister Leder hat im Vollrausch seine Frau totgeprügelt! Die Polizei wird eben verständigt, muß gleich eintreffen. Die Sanitäter halten den Mörder in Schach" ruft irgendjemand.
Doch im selben Moment treten die beiden Krankenträger aus der Türe. Sie sind wegen der Menschenansammlung überrascht. Durch die Menge geht ein Raunen, denn die Tragbahre ist leer. Also doch!?
Ein jüngerer Mann tritt beherzt auf die beiden Verdutzten zu und fragt sie rundheraus, was mit der Frau Leder los sei. Die beiden verstehen erst nicht, was gemeint ist. Doch dann lächelt der eine und sagt:
"Frau Leder ist quietschvergnügt, der fehlt gar nichts. Wir haben bei Meister Leder nur unsere Tragbahre zusammennähen lassen."